Jawohl ! Die Schonzeit und die Tour mit der Band ist nun endlich vorbei, und ich kann mich gottseidank wieder auf die Rüssler-Jagd konzentrieren. Das wurde auch Montags, den 2ten Juni gleich in Angriff genommen und so blies ich früh morgens, mit meinem Dad gemeinsam, den Neustart in die Karpfensaison ein. Als ich für meine Verhältnisse äußerst zeitig am Wasser eintraf, war "the Calm" bereits eifrig am Fischen, und hatte in dieser Zeit auch schon einen halbstarken Schuppigen zu verbuchen gehabt. Na das nenn ich mal einen Start. Bei mir lief´s, wie zu erwarten war, vorerst mal gar nicht, und so musste mein Dad meine pessimistische Schwarzmalerei in vollen Zügen ernten, obwohl er überhaupt nichts dafür konnte. Sorry hier nochmal für meine nervende "Raunzerei". Und während ich so weiter dahinnörgelte, lief urplötzlich um 11Uhr vormittags eine meiner Rollen ab. "Na siechst! - du mit dein ständigen Raunzen" musste ich mir da schon gefallen lassen. Aber als eingefleischter Pessimist, wie ich einer bin, hatte ich natürlich mit einem "No isa ned heraussn" zu kontern, während ich die Rute vom Pod nahm, und den Fisch auszudrillen begann. Ja, das war vom Gefühl her kein Schlechter, der sich da die Richworth Muschel-Kugel einverleibt hatte. Doch wenn man immer das Schlechteste annimmt und auch erwartet, tritt es natürlich genauso ein, und der Gelbe stieg mir 10 Meter vom Ufer entfernt aus dem Bewerb. Aussteiger ! Na typisch ! "Endlich hob i amoi an Biss und daun steigt de Sau in der Schlussphase aus". Mein Blutdruck begann schon langsam, aber sicher, die brisante Marke zu übersteigen. OK. Ruhe bewahren, Köder wieder raus auf den Futterplatz und das Warten konnte von Neuem beginnen. Selbstverständlich wurde von mir weitergeraunzt, was das Zeug hielt. Keine halbe Stunde später schallte es aus einem, von Dad´s Bissanzeigern und wie nicht anders zu erwarten, hing der Bursche bombenfest und wurde problemslos ausgedrillt. Ein herrlicher kugelrunder 8,5er Schuppler, konnte nun in die Linse der Kamera gehalten werden, welcher somit, den bisher schwersten Fang von uns Beiden, an diesem Gewässer darstellte. Ein fettes Petri Heil noch mal an dieser Stelle. Bis 15 Uhr geschah eigentlich nichts mehr, die Sonne brannte vom Himmel und der extrem starke Ostwind blies mir weiterhin unbarmherzig frontal in die Fresse. Die Windsurfer krochen bei diesen Witterung natürlich aus ihren Löchern und gaben sich ein nettes Stelldichein auf der gesamten Wasserfläche. Es ist unglaublich, wie das Flattern der Segel einen angelnden Menschen derart aggressiv machen kann, daß er am liebsten Pflastersteine statt Boilies hinauskatapultieren mochte. Vor allem , wenn er nichts fängt. Bei dem scheiss Lärm während jeder Wende war es mir nahezu unmöglich, ruhig zu bleiben. Dad packte nun, sichtlich genervt von meiner ewigen Raunzerei, und mit 2 Karpfenfängen in der Hinterhand, sein Tackle und machte sich auf den Heimweg. Nichts da. Ich bleibe. Ich harre aus. Ich will meinen Fisch. Heute. Nicht morgen und nicht übermorgen. Am besten SOFORT. Und siehe da; kaum hatte ich meine kranken Gedanken zu Ende gesponnen, mir ausgemalt, wie riesige gnadenlose schleimige Tentakel, einen Surfer nach dem Anderen in die Tiefe zogen, schallte Musik an mein Ohr, und der Freilauf gab meterweise Schnur von der Rolle der Rute, deren Montage in etwa 70 Meter Entfernung am Plateau lag. YES ! Biss. Muhahhahaha. Jawohl ! Und wieder auf die Richworth Zauber-Muschel-Kugel. Und während ich so relativ sachte den Fisch drille, ihm kaum Druck aufzwinge, um nicht den nächsten Aussteiger zu provozieren, höre ich bereits von links ein bekanntes, immer lauter werdendes Flattern. In unmittelbarer Nähe . Und es kommt näher. Nein. Nicht jetzt ein Surfer. Durch das Dickicht des Schilfs kann ich trotzdem nichts erspähen und als ich anfange, wie am Spieß zu brüllen, wird es traumatische Gewissheit. Durch eine Lücke im Schilfgürtel gräbt sich ein leuchtend grelles Segel in meine Netzhaut. Surfer ! Killerspeed bei geschätzter 70kmh Windgeschwindigkeit. Vielleicht 30 Meter von Ufer entfernt. Während ich den Fisch am Band halte und mittels Rutenspitze unter Wasser versuche, das Unvermeidbare zu vermeiden, presse ich die letzten Kubikzentimeter Luft aus der Lunge. Und es passiert, was passieren muss. Murphys Law ... ich nehme wie in Trance wahr, wie mir der etwa 70jährige Junggebliebene, mit einer Haut wie Lederstrumpf, von links quer über die Schnur fährt...die Rutenspitze verneigt sich....piingggg. Die 0,33er Mono gibt kurzerhand auf und vermag nicht, den Mumien-Beachboy zu bändigen. Keine 10 Meter weiter muss er wenden und geht baden... Die Schnur ist ab. 15:40 Uhr. Ich scheisse einen fetten Haufen auf Muschel-Resistenz und Abriebfestigkeit. Das Verlangen nach einer sogenannten Piraten-Schnur steigt ins Unermessliche. Surfer - resistent ! Das wär doch mal was...kurzer Anflug von Wahnsinn...in meinem Gehirn laufen in Bruchteilen von Sekunden die Gedanken Wege, von denen ich bis dato nicht gewußt habe, daß ich solche besitze. Mit leichter melancholischer Musik im Denkapparat, stehe ich im gleissenden Sonnlicht am Ufer , während das nackte, amputierte Ende Schnur, von meiner Rutenspitze herab im Wind wachelt. Ich kann nichts machen. Stehe der Situation völlig ausgeliefert gegenüber. Unpackbar. Die Welt ist gegen mich. Und ich gegen die Welt. Etwa geschätzte 5 Sekunden nach meinem persönlichen mentalen Horror-Szenario, während des Ablaufs ich keinen Ton über die Lippen brachte, war es soweit. Eins konnte ich dennoch tun. Meinem Hass und meinem Frust Luft machen. Na das war doch schon mal was. Langsam kroch die Pergament-Figur wieder aufs buntbemalte, moderne und achso hippe Surfboard und versuchte mit ihren letzten Kräften das Segel aus dem Wasser zu zerren. Jetzt gings los. Breitbeinig am Ufer stehend, muss ich mit meiner Rute in der Hand im Gegenlicht ausgesehen haben, wie ein Recke aus den vordersten Reihen der Braveheart Front, während ich dem Windkuschler die ganze verbale Breite meiner sprachlichen Höllengallerie darbot. Mit den, in diesen Phrasen neu erfundenen Kombination hätte ich locker 2 neue Seiten im linguistischen Abschaum-Wörtebuch füllen können. Der mumifizierte Greis war offensichtlich über meine Sprache ein wenig erschüttert, denn er wußte nicht mal, worüber ich mich da , mit hochrotem Kopf so aufregte...weitere Gedanken zu verschwenden erschien mir in der Folge sinnlos. Ich musste neu montieren. Komplett. F*CK ! Aber ich war schnell. Verdammt schnell. Und als ich wieder bereit zum Auswerfen war, kroch der alte Surf-Crack noch immer in etwa 40 Meter Entfernung in meinem Wufradius am Board hin und her. Um ihm ein wenig Beine zu machen, lasse ich die Montage mit 3 Unzen Blei und Muschel-Kugel , gelangweilt wirkend, in seiner unmittelbaren Umgebung auf die Wasseroberfläche klatschen, lege die Rute aufs Pod, hänge den Swinger ein und öffne den Freilauf. 15:45. Ansatzlos und langsam wird die Schnur von der Rolle gezogen. NAAAAAAAAA! Der hat wieder mit irgendeinem Teil meine Leine gefangen. Und diesmal bin ich auch noch selber schuld. Damned. Was muss ich auch so knapp hinwerfen .... ich nehme die Rute lautstark schimpfend wieder von Pod, schließe den Freilaufbügel und schlage sicherheitshalber mal dezent an. Konnte ja sein, daß ich den Wahnsinnigen am Bein gehakt hatte. Wäre zumindest etwas. Doch plötzlich meldet sich die Bremse, die Rute verneigt sich und wieder wird, diesmal doch um einiges kräftiger Schnur abgezogen. Doch der Alte bewegt sich nicht vom Fleck. Jetzt zieht Der am anderen Ende nach links weg, und im selben Augenblick wird mir bewußt, daß ich doch tatsächlich einen Fisch drille. Muahahahahahahahhaha. Keine 5 Minuten später kann ich den, perfekt in der Unterlippe gehakten, kugelrunden 7,20er Schuppigen mittels Selbstauslöser auf die Speicherkarte meiner Digi-Cam bannen. Unbelievable. Mir fehlten die Worte. Bis etwa 18:30 geschah nichts mehr Sensationelles, weshalb ich mich auf den Heimweg machte und den Tag Revue passieren ließ. Unglaublich..der Hammer...aber solche Geschichten kann nur ein Anglerleben schreiben... Meines.
tight lines
sludgE