Montag, Oktober 02, 2006

Pelecus cultratus - ein seltener Fighter !

Nun bin ich von meinem Wochenendtrip an den Neusiedlersee zurück und mußte feststellen, daß es aus anglerischer Sicht, ein nicht leichtes Unterfangen war, erstmals ohne konkreten Spot-Hinweise in dieser immensen Wasserwüste doch zu seinem Fang zu kommen. Ich wußte, daß es nicht leicht werden würde, und hatte mich bereits im Vorfeld mental auf ein "Schneiderwochenende" eingestellt, um nicht enttäuscht den Heimweg antreten zu müssen.
Jedenfalls sind wir Freitag abends angereist und somit um etwa 20Uhr in Weiden am See eingetroffen, wo bereits fast all meine CS-Teamkameraden den Weg dorthin gefunden hatten.
Isa und ich wurden im Hause unseres Teammitglieds Gerald herzlichst begrüßt, und einem lustigen mehrtägigem Treffen stand nichts mehr im Wege. Da ich in unserer Runde der einzige aktive Angler bin, wurde erstmals mein Equipment von den Anderen begutachtet, die dann feststellen mussten, daß man heutzutage nicht mehr mit "Bambussteckn" und Spagat fische, um wirklich zum Erfolg zu kommen. Schnell wurde das Zelt im Vorgarten aufgebaut, um dann bereits zu Tisch gebeten zu werden, wo bereits ein herrliches Mahl auf mich wartete. Anschließend wurde erstmals sporadisch eine Rute vom Steg mit Mistwurm ausgelegt, da an ein wirklich aktives und gezieltes Fischen in stockdunkler Nacht nicht zu denken war. Vor allem, wenn man die Gegebenheiten wie Distanzen zu Schilfgürteln oder etc. nicht wahrnehmen konnte. Und doch konnte ich in den kommenden 3 Stunden wenigstens einen halbwegs guten Brachsen fangen, was mir dann doch Freude bereitete. Um etwa 2 Uhr wurde zu Bett gegangen um am nächsten Morgen gleich mit der Zille den Weg in das Schilfmeer zu suchen. Dem war auch so, allerdings wurde ausgiebig gefrühstückt und um etwa 11 Uhr saß ich mit gesamtem Tackle in der Holzschale, um von meinem angelinteressierten CS-Teamkollegen Bert begleitet zu werden, der sich als Rudermaschine und Angelassistent anbot, was für mich natürlich eine feine Sache war. Und so dirigierte ich ihn raus auf den See, zu einer für mich vermeintlich guten Stelle, um mit dem Anglen zu beginnen. Schnell wurde der Anker geworfen und ich begann in üblicher Manier, einen Spot mit der Feeder zu bearbeiten, während ich eine Rute mit Pose und Blutegel nahe der Schilfkante positionierte. An der Feeder zeigte sich schnell Interesse, und so konnte ich in wenigen Minuten einige Brachsen und Barsche überlisten. Der Blutegel an der anderen Rute wand sich zwar wie eine kleine Anakonda im Wasser, konnte aber anscheinend nicht die Aufmerksamkeit auf sich lenken, wie ich mir das gewünscht hatte. Wir entschieden uns dazu den Spot zu wechseln, um vielleicht noch größere Schuppenträger zu einem Landgang zu überreden. Wir ankerten dann in einer kleinen Schilfbucht und ich begann mein Spiel von vorne. Doch an beiden Ruten tat sich nichts, worauf ich mich entschloss vielleicht auf die Matchrute umzusteigen, um mit einem Waggler den Unterwasserburschen auf den Leib zu rücken. Gesagt getan, und schon stand mein Antenne, sehnsüchtig auf den Tauchgang wartend aus dem Wasser. Bert warf auf mein Kommando alle 2-3 Minuten einen kleine tischtennisballgroße Futterkugel zu meiner Pose um die Fische an den Spot zu locken. Und dann war es soweit. Der Waggler tänzelte kurz um dann vehement unter der Oberfläche zu verschwinden. Ich schlug an, und bereits in den ersten Sekunden, war alles anders wie sonst. Vom Gefühl her war der Bursche am anderen Ende der Leine zwar kein Monster, schoss jedoch mit unglaublichen Geschwindigkeiten durch die bräunlich schimmernde Unterwasserwelt, um sich sogleich einen halben Meter aus dem Wasser zu katapultieren. Aber was war das ? Im ersten Augenblick errinnerte mich der Fisch an einen kleinen Tarpon. Aber ich war am Neusiedlersee in Österreich und nicht in den Brackwasserflüssen im Osten Costa Rica´s. Kurze Zeit später wußte ich, was ich da soeben gekeschert hatte. Pelecus cultratus - der Sichling.

Ich kannte diesen Fisch lediglich von Bildern und hatte in meinem Leben noch nie einen Vertreter dieser Art leibhaftig vor meinen Augen gesehen. Also schnell ein Foto gemacht und wieder retour. Was sich in den nächsten 20 Minuten abspielte ist mit Worten kaum zu beschreiben. 4 Maden an den 16er Haken und wieder raus auf unsern Spot, der vielleicht 6-7 Meter von unserm Boot entfernt lag. Ein Futterball wurde nachgeworfen und der Waggler machte den nächsten Tauchgang. Und wieder ein Sichling, nur um eine Ecke größer wie der Erste. Der hatte sicher um die 30cm. Und so ging es jetzt Schlag auf Schlag. Neu angeködert, Futterball raus und der nächste Sichling folgte. Pelecus auf Pelecus - eine meiner Wagglersternstunden hatte Einzug gehalten. In den folgenden 20 Minuten konnte ich sicher um die 15 Sichlinge fangen, wobei die größten um die 35cm hatten. Doch wie sich die Burschen an der Leine gebärdeten, war einfach sensationell. Wilde starke Fluchten, ständige hohe Sprünge aus dem Wasser machten den Drill mit feinem Gerät zu einem absolutem Highlight meiner Anglerlaufbahn. Nie in meinem Leben zuvor hatte ich solch ein Temperament bei Fischen, egal welcher Art, erlebt. Vor allem nicht von Fischen dieser Größenordnung. Es war schlicht und ergreifend sensationell. Nach etwa 20 Minuten war der Spuk jedoch genauso schnell vorüber wie er gekommen war, ich konnte danach noch einige Brachsen in den Kescher zwingen, doch von den Sichlingen fehlte von nun an jede Spur. Wie Geister aus einer anderen Welt hatten sich die unbarmherzigen Fighter wieder in die Weiten des Neusiedlersees verzogen und waren wie vom Erdboden verschluckt. Um etwa 17 Uhr beendeten wir unseren Bootsausflug und traten unseren Retourweg an, wo dann am Abend unsere Erlebnisse und Geschichten aus alten Tagen feuchtfröhlich begossen wurden. Es war ein herrliches Septemberwochenende mit einer anglerischen Sternstunde, die ich vermutlich nicht mehr so schnell vergessen werde und ich würde mich über ein Wiedersehen mit einem Vertreter dieser Fischart sehr freuen. Der Sichling trägt von nun an für mich den Titel des kampfstärksten Fisches in unseren Breiten und es ist schade, daß diese Art so selten geworden ist.

tight lines
sludgE