Mittwoch, Juli 06, 2011

Die Brandenburg-Show !

2011. Germanien. Brandenburg. Ketzin. Die Isa und ich wurden von unseren Berliner Freunden Rick & Suse zu ihrer Hochzeit in Paretz eingeladen. Na da ließen wir uns natürlich nicht lumpen, kamen dieser Einladung gerne nach und hängten gleich ein paar Tage an, damit der Alex in dieser herrlichen Gegend auch zum Fischen kommen würde. Im Internet wurde im Vorfeld ein nettes Häuschen in Ketzin ausgecheckt, alles klargemacht und dann problemlos am Tag unserer Ankunft bezogen. Am Checkin-Schalter gabs diesmal bezgl. 1,90m Rutenrohr keinerlei Schwierigkeiten, der Flug selbst verlief äußerst ruhig und die Übernahme des Mietwagens war dann die erste Show. Unser bestellter VW Passat Kombi war aus unklärlichen Gründen nicht vor Ort, so daß uns ein anderer Wagen angeboten wurde. Mir egal, solange ich beim Rohr problemlos transportieren kann. Wir bekommen einen Ford Kuga. Alter Schwede. Bei der Übernahme wundern wir uns bereits, wo wohl der Zündschlüssel versteckt sei. Es gibt Keinen. Muhahahahah. Scheisse. In welcher Zeit sind wir mittlerweile angekommen … nicht mal mehr ein Zündschlüssel. Nach dem Einsteigen in die Karosse, seh ich mich in einem Cockpit sitzen, daß sich um einen Vergleich mit einem Klingonenkreuzer nicht zu schämen braucht. Vermutlich Gedankensteuerung und Warpantrieb. Ich bin für die lehrreichen Stundne dankbar, die ich so vor mancher SciFi-Serie im TV verbracht habe. Neutronenwandler und Wormdigger. So klar wie ein Gebirgssee. Irgendwann knallt mir ein kleiner roter Knopf im Zentrum der Konsole in die Optik. Ford Power. Soll ich drücken? Na logisch. Blitzschnell ist der Warpantrieb hochgefahren und der Reaktor gurgelt fröhlich in die Weiten der Tiefgarage. Wir sind bereit. Die Mission Todesstern kann beginnen. Leider vermisste ich ein interstellares Orbital-Landesystem, so daß wir auf alt hergebrachte Art und Weise über Autobahnen und Landstrassen fahren mussten. Nichts desto Trotz haben wir ohne weiteren Zwischenfälle unser Ziel erreicht und parkten unser Klingonenschiff im eigenen Raumhafen. „Ferienhäuschen am Teich – wenn sie Lust verspüren, werfen sie ruhig die Angel aus“. So in etwa hat mich die Hütte im Netz gelockt. In unmittelbarer Umgebung die Havel, unzählige Seitenarme und ein Haufen Tonlöcher, die alle vielversprechend daherkamen. Jawoi.Das Häuschen war wirklich schön an einem kleinen Weiher gelegen, die Frösche quakten und dicke Libellen schnitten durch die Lüfte. Doch bereits nach wenigen Sekunden des Sondierens der Wasseroberfläche, die erste Ernüchterung. Kraut. Mörderisch. So weit das Auge blickte und die Sonne es möglich machte, die dicke, dunkelgrüne Schicht direkt unterm Wasserspiegel auszumachen. Ich habe in meinem Leben schon einige stark verkrautete Gewässer gesehen und befischt, aber was sich mir hier darbot, war jenseits von Gut und Böse. Garstige Seeroseninseln und massiv mutierte Wasserpest, die alle grünen Höllen in den Schatten stellte. Pfff. Das wird kein Honiglecken. Vor allem nicht mit dem etwas stärkeren Weissfischequipment, daß ich im Talon hatte. Aber Improvisation ist mein zweiter Vorname und so machte ich mir vorerst keine weiteren Gedanken. Irgendwie geht des scho. Immerhin hatte ich ja ein eigenes Boot...An den ersten beiden Tagen war ohnehin nicht an Fischen zu denken, da wir ja den Hochzeitsfeierlichkeiten beiwohnten, die wirklich lustig und völlig ungezwungen verliefen. Das Ganze spielte sich auf einem fetten Bauernhof, dem Storchennest ab, wo wir bei Lagerfeuer und Lammgrillerei ein feuchtfröhliches Fest genossen. Feuchtfröhlich erstens natürlich deswegen, da wir einige Biere und den ein oder anderen mittelamerikanischen Rum zu uns nahmen und zweitens, wegen dem dezenten Wetterchen, daß auf uns hernieder ging. Strömender Regen wie aus Kübeln, Blitze jagten übers Firmament und schweres Donnergrollen untermalte die illustre Gesellschaft. Doch keine auch noch so fiesen Wetterkapriolen konnten unsere gute Laune schmälern. Am nächsten Morgen der obligat dezente Hangover und nochmal wurde mit unseren germanischen Freunden gefrühstückt. Die klimatischen Bedingungen waren in etwa genau so wie gestern, 16°C Aussentemperatur, prasselnder Regen und eine graue Wolkendecke, die nicht die geringste Spur irgendeiner Lücke vermuten ließ. In den Hochsommermonaten rechnete man normalerweise nicht damit, daß man mit Haube und Fleecejacke den Tag verbringen musste. Aber bitte. Und die Vorhersagen waren alles andere als positiv zu werten. Mein grenzenloser Realismus kombinierte: Das sah echt nicht gut aus...Aber ändern konnte man nichts und so habe ich dann mittags erstmal angegriffen. So. Wie moch i des jetzt? Das PVC-Boot war mittlerweile ca. mit einem halben Meter Wasser gefüllt, noch dazu war es nicht wirklich jetzt nach meinem Geschmack, mit einem leicht malträtierten Brummschädel im nagelnden Wolkenbruch das Selbige auszuschöpfen und dann rauszurudern, um irgendwo eine Lücke im Kraut zu entdecken und dort meine Montage abzulegen. Na danke. Am Tag unserer Ankunft war mir aber auch gleich die sandfarbene Stelle aufgefallen, die sich rechts von mir vor der Trauerweide erstreckte. Hier schien kaum Kraut zu wachsen. Nicht groß, aber groß genug, um problemlos die Stelle anwerfen zu können. Tja, die 2,5er Warrior war meine stärkste Rute im Gepäck und mit der würde das schon funktionieren. Irgendwie. Dann hatte ich noch eine Wychwood Rogue Barbel mit 1,75lbs, eine Fox Stalker Float mit 1,5er Testkurve und eine einpfündige Fox Avon Feeder mit zusätzlich gewöhnlichem Spitzenteil im Gepäck, da ich doch eher auf das Fischen in stehenden und langsam fließenden Normalgewässern eingestellt war. Nicht auf das Hunten in Höllenkrautlacken. Tjo. Schicksal. Der nächste Schicksalsschlag gab mir dann die nächste Breitseite, denn beim Auspacken der Ruten muss ich feststellen, daß ich von der 2,5er nur den Griffteil mithabe und den Spitzenteil einer anderen Rute. Na wödklasse. Wie deppat muass ma eigentlich sei? Fürchterlich deppat jedenfalls. Somit kamen wir zu der unausweichlichen Lösung, daß der Wychwood-Stecken mit seinen 1,75lbs in meinem Arsenal die brutalste Waffe war. Na, das würde lustig werden, wenn da ein Schwein im Kraut in die Falle geht. Aber die Sorgen würde ich mir dann machen, wenn es an der Zeit wäre, über dieses Hasardieren wirklich nachzudenken. Die ersten 2 Tage musste ich mir keine machen, den das Wetter war nach wie vor als apokalyptisch zu bezeichnen, in den Medien sprach man vom Jahrhundertregen in Brandenburg und so saß ich mit meiner Delkim-Empfängerbox am Wohnzimmertisch, hab mir eine sinnlose TV-Sendung nach der anderen in die Birne gezogen und habe auf den Biss gewartet, der nie gekommen ist. Tja, was sollte man bloss machen? Ja klar, ich hätte mich auf ein anderes Gewässer knotzen können, was bei derartigen Bedingungen ohne Schirm, Shelter oder Sitzgelegenheit wahrlich nicht meinem Bedürfnis entsprach. Dann schon lieber greisengleich in der warmen Stube auf der Couch lungern und draussen die Welt untergehen lassen. Das würde die schon alleine schaffen...2 Tage vor unserer Heimreise war die Unwetterfront dann endlich vorrüber gezogen und wir konnten uns erstmals ohne nass zu werden, aus unserer Behausung wagen. Um den kulturellen Gesichtspunkt nicht völlig ausser Acht zu lassen, haben wir dann das nahegelegene Potsdam besucht, um am frühen Nachmittag wieder an unserer Krauthölle zu kleben. Jetzt schien die Sonne vom Himmel und mir war es nun erstmalig möglich, mit dem kleinen Kompakt-Schinakl eine Teichrunde zu drehen, um die lokalen Gegebenheiten wirklich von der Nähe zu betrachten. Und wie ich es schon die ganze Zeit vermutet habe, war das Krautvorkommen noch um Ecken schlimmer, wie angenommen. Lediglich eine Stelle war wirklich vegetationsfrei und machte Sinn befischt zu werden, was ich dann auch mit 2 Ruten getan habe. Die 1,75er mit 14er Murmel, die 1,5er Float zum Grundfischen mutiert, mit Maiskette. Jetzt wollte ich es schon genau wissen...Ein wenig hinzufüttern und abwarten. Da musste früher oder später ein Kandidat einfahren, sofern überhaupt welche vorhanden waren. Doch nichts geschah. Die Graureiher, Blässhühner, Teichfrösche und Monsterlibellen waren allgegenwärtig aber von einem Vertreter der Schuppenfrontgröße, die meinen Köder inhalieren konnte, fehlte jede Spur. Die Nacht verlief ebenso aktionslos, so daß ich mittlerweile der Meinung war, daß hier die fingerlangen Rotfedern, die sich im Uferbereich gebärdeten, die wohl einzig fischigen Gesellen waren.
Des kauns doch ned sei...Der letzte Tag brach heran und bereits morgen mussten wir wieder die Heimreise antreten. Und das Ganze ohne einem germanischen Fisch auf der Speicherkarte der Kamera. Scheisse. Ja sehr richtig, da gabs bei weitem angenehmere Gefühlszustände. Aber so ist das. Fischen ist kein Wunschkonzert. Und wie ich am frühen Nachmittag wieder mal in Selbstmitleid zerfließe, den Umweltbedingungen und der ständig drehenden Windrichtung alles in die Schuhe schiebe, fährt plötzlich der Hanger Richtung Blank und ich ernte ein wildes Gepiepse. JOOOOOOOOO! Druckaaaaaaa! Ihr könnt euch nicht im Entferntesten vorstellen, wie sehr ich mich über den Brachsen gefreut habe, als der seitlich über die Krautfelder zu mir ans Ufer surfte. Muahahahah. Ich hatte meine brandenburger Teichtaube. Es kann so schön und befriedigend sein, ein solch sensationsloser Fisch wahre Freudentänze auslösen. Nur die Umstände bestimmen die persönliche Wertigkeit eines Fanges...Ich brauche nicht extra zu erwähnen, daß es nach dieser Drillorgie selbstverständlich zu keinerlei Kontakten mehr gekommen ist und wir am nächsten Tag unsere sieben Sachen gepackt und die Heimreise angetreten haben. Sind mit dem Klingonenschiff wieder zum Flughafen gefahren, hatten neuerlich keine Diskrepanzen wegen meines Rutenrohres und sind wenige Stunden später wieder daheim gesessen. Mein Dank geht hier insbesondere an Rick & Suse für die Einladung zu ihrer wirklich netten Hochzeit, an den abgefahrenen, ortsansässigen Schlächter, der mit einer seltenen und spaßigen Gelassenheit das Fest-Lamm um die Ecke gebracht und dann blitzschnell gehäutet hat und an den Gott der Angelei, daß er mich erneut nicht ohne Fang nach Hause geschickt hat. Trotz der Unwetter waren es äußerst lustige und lehrreiche Tage und ich bin mir jetzt schon sicher, daß mich die Gegend mit Sicherheit nicht zum letzten Mal gesehen hat. Dort hat man nämlich bzgl. der Menge an unterschiedlichsten und interessanten Gewässertypen wirklich ein Paradies in Mitteleuropa. Brandenburg – ich komme wieder...verlass´ dich drauf.
Tight lines
Sludge